Von den sonnigen Boulevards Los Angeles’ bis in die dunklen Kellerclubs Europas hat sich eine Band gespielt, die mehr ist als ein musikalisches Zitat vergangener Jahrzehnte: The Buttertones. Ihr Sound, eine betörende Mischung aus Surf, Garage, Doo-Wop und Post-Punk, klingt, als hätte David Lynch The Cramps mit Scott Walker in eine nächtliche Limousine gesetzt – und Tarantino säße am Steuer.
Gegründet 2012, als drei Musikstudenten – Richard Araiza, Sean Redman und Modesto “Cobi” Cobian – in einem Apartment in Hollywood beschlossen, der Vergangenheit mit Twang-Gitarre und Saxofon neues Leben einzuhauchen, entwickelte sich die Band schnell zur Kultgröße in der Szene rund um Echo Park. Ihre frühen Veröffentlichungen auf dem Indie-Label Lolipop waren wie geheime Botschaften für Eingeweihte: wild, romantisch, verschwitzt.
Was The Buttertones von vielen ihrer Retro-verliebten Zeitgenossen unterscheidet, ist ihr unbändiger Wille zur Weiterentwicklung. Jedes ihrer Alben – „Gravedigging“ (2017), „Midnight in a Moonless Dream“ (2018), „Jazzhound“ (2020) und zuletzt „Face to Face With Fantasy“ (2024) – trägt den Charakter eines stilistischen Aufbruchs. Sänger und Gitarrist Araiza wird von Platte zu Platte mehr zum croonenden Erzähler zwischen Welten, während die Band ihre Einflüsse – von Angelo Badalamenti bis The Birthday Party – tief in ihre Kompositionen einsickern lässt. Ihre Musik ist dabei weniger Hommage als Konstruktion eines fiktiven Noir-Soundtracks. Sie ist düster, tanzbar, verführerisch.
Live gelten The Buttertones als ein Erlebnis, das sich schwer in Worte fassen lässt – ein „unkontrollierbares Rhythmusmonster“, wie sie vom Ox-Fanzine genannt wurden, kommt dem Ganzen sicher am nächsten. Der Tenorsaxofonist Carlos Sanchez bläst sich durch Melodien wie ein junger James Chance, während Mimi Nissan an Keyboard und Gitarre feine Kontraste setzt. Dass dabei Sonnenbrillen auch nachts getragen werden, ist kein modischer Zufall, sondern konsequenter Ausdruck einer Ästhetik, die Coolness nicht ironisch meint, sondern lebt.
Nach pandemiebedingter Pause und Umbesetzungen meldeten sich die Buttertones 2022 zurück – mit neuer Energie, neuen Songs und dem festen Willen, wieder auf die Bühne zu gehen. Ihr aktuelles Album „Face to Face With Fantasy“ ist gleichzeitig Rückblick und Neuausrichtung. Kino für die Ohren, eine Reise durch düstere Träume und flirrende Fantasien. Wer diese Band sehen will, bevor Hollywood sie endgültig verschluckt: Im Oktober kommen The Buttertones nach Berlin.