Kaum eine Band im britischen Rock hat in den letzten Jahren eine so intensive Metamorphose durchlaufen wie Deaf Havana. Im Zentrum dieser Entwicklung steht James Veck-Gilodi – Sänger, Gitarrist und langjähriger Seismograf der inneren Beben, die das kreative Fundament der Band stets miterschüttert haben. Mit dem neuen Album „We're Never Getting Out“ vollzieht er nicht nur eine klangliche Neuausrichtung, sondern erzählt offen von persönlichem Verlust, Erschöpfung und einem späten, dafür umso radikaleren Akt der Selbstakzeptanz. Veck-Gilodi beschreibt die Jahre vor der Entstehung des Albums als einen Zustand des „Schlafwandelns“. Die Musik, einst Zuflucht und Ausdruck zugleich, war zur Last geworden. Private Krisen – insbesondere das Ende einer langjährigen Ehe – und das Gefühl, ständig Erwartungen anderer zu erfüllen, führten ihn an den Rand des Zusammenbruchs. Statt weiterzumachen wie bisher, zog er einen drastischen Schlussstrich: Bereits geschriebene Songs wurden verworfen, das emotionale Vakuum zum Ausgangspunkt einer ganz neuen Arbeit gemacht. Die Entscheidung, sich diesmal kreative Unterstützung zu holen, erwies sich als Befreiung. Mit dem Produzenten George Glew, der zeitweise bei ihm wohnte, entstand eine intime Arbeitsbeziehung – zwischen Mitternachtsgesprächen und spontanen Studiosessions. Zum ersten Mal in der Geschichte von Deaf Havana wurde das Songwriting zur gemeinsamen Angelegenheit. Der neue Sound ist dabei mal hymnisch, mal brüchig, immer verletzlich, und lässt sich schwer einordnen. Er pendelt aber elegant zwischen britischem Indie-Rock, moderner Pop-Produktion und der emotionalen Tiefe klassischer Songwriter*innen. Thematisch ist „We're Never Getting Out“, das am 03. Oktober erscheint, eine schonungslose Bestandsaufnahme. Lieder wie „Carousel“, „Frida“, „1939“ oder „Car Crash“ kreisen um den Schmerz vor dem Loslassen, die lähmende Angst vor dem Danach und die Erkenntnis, dass Selbsttäuschung eine Sackgasse ist. Es ist ein Album voller Trennungslieder – geschrieben, als die Trennung selbst noch kaum ausgesprochen war. Dabei ist der Sound alles andere als resignativ. Vielmehr spürt man in jeder Zeile den Drang, endlich bei sich selbst anzukommen. Heute, im Rückblick, spricht Veck-Gilodi von Klarheit und Stolz. Nicht, weil alles gut geworden wäre, sondern weil er sich endlich nicht mehr verstecken muss. „Ich weiß jetzt, wer ich bin – und was ich tun will. Diese Songs sind das Beste, was ich je geschrieben habe“, sagt er selbst. Ein Satz, der nicht nur nach künstlerischer Bilanz klingt, sondern wie ein stilles Manifest gegen das innere Verstummen. Wer erleben will, wie sich diese neue Ehrlichkeit live anfühlt, hat im Januar 2026 Gelegenheit dazu: Deaf Havana spielen im Rahmer ihrer Tour fünf Konzerte in Deutschland. Eine Rückkehr nicht nur auf die Bühne, sondern auch zu sich selbst.
Jan 2026
23
Köln Luxor
Einlass:
18:00 Uhr,
Beginn:
19:00 Uhr
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