Es gibt Künstler*innen, die in ihrer Unangepasstheit faszinieren – und Benjamin Clementine ist einer von ihnen. Als er 2013 in der Show „Later… with Jools Holland“ auftrat, traf seine Musik das Publikum wie ein Donnerschlag. Der damals unbekannte Musiker, barfuß und mit einem unkonventionellen Stil, bewegte das Publikum zutiefst und wurde auf Anhieb zur Sensation. Niemand konnte sich der rohen, fast schon spirituellen Intensität entziehen, die von Clementines Stimme und Klavierklängen ausging. Sir Paul McCartney, der zufällig im Publikum war, war so beeindruckt, dass er ihm backstage ein anerkennendes Kompliment machte. Plötzlich war Clementine, der britische Musiker aus London, mehr als nur ein Geheimtipp.
Benjamin Clementines Weg bis zu diesem Moment war alles andere als einfach. Als Sohn ghanaischer Eltern wuchs er in Nordlondon auf und entwickelte früh eine Leidenschaft für Musik – doch es waren die harten Erfahrungen und Verluste, die ihn prägten. Nach einer Trennung verließ er London 2008 und zog nach Paris, wo er fast fünf Jahre lebte, oft ohne festen Wohnsitz und nur mit seinem Klavier auf den Straßen der Stadt. Die Pariser Jahre, in denen er als Straßenmusiker auftrat, verliehen ihm jene Tiefe und Intensität, die ihn bis heute auszeichnet. Schließlich entdeckte ihn ein Talentagent, und 2014 kehrte Clementine nach London zurück, um endlich seine ersten Studioaufnahmen zu machen.
2015 gewann Clementine mit seinem Debütalbum „At Least For Now“ den begehrten Mercury Prize, den er den Opfern der Pariser Terroranschläge widmete. Die Anerkennung festigte seinen Status als ein Musiker, der nicht nur sein eigenes Leiden verarbeitet, sondern auch ein Sprachrohr für gesellschaftliche Themen und menschliche Erfahrungen ist. Zwei Jahre später veröffentlichte er „I Tell A Fly“, ein Album, das Grenzen sprengte und sich politischen Themen widmete. Seine spätere Zusammenarbeit mit den Gorillaz für ihr Album „Humanz“ öffnete ihm neue musikalische Horizonte und zeigte erneut, dass Clementine ein unkonventioneller Künstler ist, der sich nicht in gängige Schubladen pressen lässt.
Nun steht der Brite vor dem nächsten großen Schritt: 2025 wird er sein viertes und letztes Album „Sir Introvert and the Featherweights“ herausbringen. Darin beschäftigt er sich mit zentralen Themen wie Liebe, Freundschaft und der Bereitschaft zur Veränderung. Das Album ist eine Art Manifest über die Freiheit des Lebens, das nur durch Disziplin und das Überwinden persönlicher Hürden erreicht werden kann. Der Musiker beschreibt diesen Weg als „einen Balanceakt zwischen Klapperschlangen, Kojoten und Familie“, was seine unermüdliche Suche nach Perfektion und gleichzeitig seine Akzeptanz des Unperfekten symbolisiert. Mit „Sir Introvert and the Featherweights“ wird Benjamin Clementine sich von der Musik verabschieden, um sich künftig mehr der Filmwelt zu widmen, wo er bereits in Denis Villeneuves „Dune“ und Steve McQueens „Blitz“ überzeugte. Doch bevor er die musikalische Bühne für immer verlässt, wird er seinem Publikum auf einer letzten Tournee begegnen. Die Abschiedstour führt ihn im Frühjahr 2025 auch nach Deutschland – ein letztes Mal die Chance, diesen außergewöhnlichen Künstler live zu erleben.
Apr 2025
03
Berlin Huxleys
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